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Verreibungen reiner Erdfarben
„bilder verkörpern eine Lebensform und sie bewirken Veränderung der Lebensform. wer nicht mit ihnen lebt, kennt sie nicht.“ Raimer Jochims
Heute war die Finissage der Ausstellung von Wolfgang Voigt im Atelier von Elfi Wiese. Wir hatten uns für dieses Ende ja zu einer Bildbetrachtung verabredet, um uns mit dem Abstand der einen Woche noch einmal intensiv über die Bilder und unsere Wahrnehmungen und Empfindungen auszutauschen. (Mir war in der Woche mehr im Nebenbei die Wärme aufgefallen, die von den Bildern ausgeht) Diese Vertiefung ist gerade für die Wahrnehmung der Bilder von Wolfgang Voigt eigentlich unbedingt notwendig, denn wie wir uns eigentlich alle einig waren, die Bilder entziehen sich eher der Wahrnehmung. Sie sind offensichtlich da und doch sieht man sie nicht auf den ersten Blick – man muss ihnen nachgehen. Im Verlauf unserer Betrachtung eröffneten sie sich aber immer mehr und man konnte sie immer mehr sehen. Ein wesentliches Thema, das mit den Bildern zusammenhängt, ist die Frage der Zeit.
Ein Bild dass drei Jahre braucht um gemalt zu werden (wie dieses oben) , hat eine andere Zeit in sich, als ein Bild, das viel weniger Zeit des Malens in sich enthält. Ein wichtiges Motiv oder auch Gestaltungsprinzip des Malers ist die Frage des Gleichgewichtes. Wir sind dieser Frage in ihrer sehr unterschiedlichen Ausprägung in den einzelnen Bildern nachgegangen und das hat schon das Sehen aufgeschlossen. Aber auch das sich gegenseitig erweiternde und vertiefende Gespräch und das immer wieder Hinschauen hat dafür gesorgt, dass man immer mehr sehen konnte, so dass sich auch Bilder erschlossen, denen man ohne diese Eröffnung nichts hätte abgewinnen können. Das Prinzip, dass der Betrachter selbst aktiv werden muss, um die Bilder wirklich zu sehen, und dass er ohne diese Aktivität nur eine Art Vorschaubild sieht, ist schon besonders bei Wolfgang Voigts Bildern, auch wenn es natürlich für alle Bilder gilt, hier gilt es relativ strikt!
(Im Gespräch ergab sich auch der Blick auf den Maler und Lehrer Raimer Jochims, den vor allem Ute Seifert (Kunst Raum Bremen) , aber auch Wolfgang Voigt sehr schätzen. Raimer Jochims war Rektor und Lehrer an der Städelschule in Frankfurt und natürlich Maler und Bildhauer. Von ihm sind z.B. die Bücher: Farbe Sehen und Kunst und Identität. Die Zitate auf dieser Seite sind aus Farbe Sehen.)
Vielen Dank an alle Besucher der Vernissage und der Finissage. Unsere Forschungswege mit der Farbe gehen weiter – zu neuen Konstellationen und Situationen, aber geleitet von unserem Malen und Erkennen und Empfinden.
„bilder sind früchte der zeit. in ihnen kommt sie zur reife.“ Raimer Jochims
Roland Wiese 31.3.2019
Ich habe gerade für den Katalog einer Freundin einen kleinen Beitrag verfasst und bin dabei auf eine interessante Stelle bei Rudolf Steiner ( in dem letzten Vortrag vom 8.Mai 1921 Das Wesen der Farbe) gestoßen. „Und wenn man namentlich dann etwa dazu übergeht, zu sagen – wobei man vom Ich nichts Genaues vorstellt -: draußen wäre irgendeine objektive Veranlassung, und die wirkte auf uns, auf unser Ich-, so ist das Unsinn. Das Ich selber ist in der Farbe drinnen. Es ist das Ich und auch der menschliche Astralleib gar nicht von dem Farbigen zu unterscheiden, sie leben in dem Farbigen und sind insoferne außer dem physischen Leib des Menschen, als sie mit dem Farbigen draußen verbunden sind; und das Ich und der astralische Leib, sie bilden im physischen Leib und im Ätherleibe die Farben erst ab. Das ist es, worauf es ankommt. So dass die ganze Frage nach der Wirkung eines Objektiven des Farbigen auf ein Subjektives ein Unsinn ist. Denn in der Farbe drinnen liegt schon dasjenige, was Ich, was astralischer Leib ist, und mit der Farbe herein kommt das Ich und der astralische Leib. Die Farbe ist der Träger des Ichs und des astralischen Leibs in den physischen und in den Ätherleib hinein. So dass die ganze Betrachtungsweise einfach umgedreht werden muss, wenn man zu der Realität vordringen will.“ (Dornach GA 291, 2011, S.82)
Ich und Astralleib sind die Farbproduzenten (wie die Maler) und ihre Produktion/Tätigkeit wird im Bewusstsein und im Organismus abgebildet. Die Frage, die sich mir stellt, kann ich mit Hilfe dieser Vorstellung vom Bewusstsein zu der Tätigkeit des Farbigen vordringen? Man kann sich diesem Sachverhalt auf zweierlei Weise annähern (wahrscheinlich gibt es mehr, nur sind mit diese beiden vertraut). Wenn man sich eine Zeit lang intensiv mit einem begrifflichen Denken beschäftigt hat und dann vor die Tür tritt und sich auf das einlässt , was man dann erlebt, dann kann man eine intensiveres und lebendigeres Farbgeschehen bemerken. Auch wenn man die Beobachtung eines gemalten Bildes, oder einer Landschaft, insbesondere das Anschauen des Himmels dadurch intensiviert, dass man länger hinschaut kann es zu einer solchen Steigerung der Farbwahrnehmung und Farbempfindung kommen. Die Farbempfindung ist sogar das, in das sich die Wahrnehmung verwandelt. Wenn man nun noch versucht im Anschauen zu empfinden, wo eigentlich der Übergang von Außen nach Innen, oder von Innen nach Außen ist, dann steigert sich die Empfindung noch einmal dadurch, dass einem klar wird, dass eine Trennung in subjektiv/objektiv, innen/außen gar nicht mehr möglich ist.
Wir denken bei dem Begriff Farbe meist sofort an die an den Gegenstand, oder die Fläche gebundene Farbe, an das Bild der Farbe. Das ist aber nur der durch Organismus und physischen Leib abgelähmte Zustand der Farbe. Im Ich und im Astralleib – also in der geistigen Empfindung, ist die Farbe selber Empfindung und empfindend. Die Farbe, die ich empfinden und erleben kann, ist aber die Empfindung meines Ich in der Farbe.
Roland Wiese 2.3.2019