View with a room

Ausstellung in Bremen 14.8.-6.9.22 Kontakt 0151-12755983 / Wiese 0157-75823730

Im Kunst( )Raum, Rückertstraße 21

View with a room

Der Titel der kommenden Ausstellung von Elfi Wiese ist ausgeliehen von Julian Lage, einem meiner Lieblingsgitarristen. Seine neue Platte heißt so. Aber dieser Titel sprang mich sofort an! Ich verstand ihn einfach nicht. Konnte ihn mir nicht übersetzen. Als ich ihn dann zum übersetzen eingab, erschien ‚a room with a view‘ – ein Zimmer mit Aussicht. Es gibt auch einen Film und ein Lied mit diesem Titel.

Also umgekehrt übersetzt heißt dann ‚View with a room‘: Aussicht mit einem Zimmer. Ich habe das dann weitergesponnen zu verschiedenen Bedeutungen. So ist der Kunst( ) Raum von Ute Seifert in Bremen, der Ort der Ausstellung, ein Raum, in Zahlen 1 Raum. Die Bilder sind die Aussichten in dem Raum. Man schaut durch die Bilder wiederum in Räume. Und ganz besonders, die Bilder schaffen selbst vor der Fläche Räume (Kann man im Internet nicht sehen, nur vor Ort). Ganz einfach, ohne jede Übersetzung, gefällt mir der Klang von ‚View with a room‘.

Roland Wiese 30.6.2022

Die Einsamkeit des Aristoteles

Mir ist vor kurzem eine Neuerscheinung aus dem INFO3 Verlag zur Rezension zugeschickt worden: Die philosophischen Quellen der Anthroposophie, herausgegeben von Jost Schieren. Das Buch enthält die Beiträge einer Vorlesungsreihe an der Alanus Hochschule von 2017.
Ich werde dieses Buch für die Zeitschrift ‚Anthroposophie‘ besprechen. In meinem Blog möchte ich etwas anderes versuchen. Ich möchte das Buch weiterdenkend kommentieren. Das heißt ich werde bestimmte Stellen herausgreifen und mit ihnen weiterarbeiten. Dabei werde ich hier eine andere Perspektive wählen als in meiner Rezension, evtl. sogar eine völlig gegensätzliche.

Erstes Zitat: „Rudolf Steiner und seine Anthroposophie stehen in der öffentlichen Wahrnehmung als solitäre Phänomene da. Der abgeschlossene Kosmos seines Werkes macht es für Nachfolger und Kritiker gleichermaßen zu einem exklusiven Bezugspunkt.“ (Klappentext hinten)
Ähnliche Formulierungen finden sich auch in der Einleitung von Jost Schieren. „Werk und Person Rudolf Steiners sind umstritten.“ „Steiner und dessen Anthroposophie sind kulturell eine beinahe vollständig solitäre Erscheinung, die ihre Bedeutung allein von einer überzeugten Anhängerschaft und den wirksamen Einflüssen auf die genannten Lebensfelder erhält.“ Usw.
Interessant ist hier, dass diese Formulierungen aus einer Zeit noch vor der Corona Pandemie stammen. In den letzten zwei Jahren hat sich die Beziehung der Öffentlichkeit zur Anthroposophie und zu den Anthroposophen aus einer eher neutralen Nichtbeachtung in eine eher kritische Beachtung umgewandelt. Dies betrifft inzwischen auch die bislang so positiv gesehenen Lebensfelder, wie Schulen, Kindergärten, Landwirtschaft und Kliniken.

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Der Tod – die andere Seite des Lebens

Giotto, Arena Kapelle, Cappella degli Scrovegni, um 1300 (Foto: R.W.)


Teil 3

Bei Aristoteles gibt es eine relativ einfache Definition des Sterbens. Meines Erachtens ist es auch die realistischste Begründung, die man eigentlich direkt nachvollziehen kann und für die man keine weiteren äußeren Beweise braucht. In meinen Worten lautet sie so: Der Mensch stirbt, wenn das zu Tastende das Tastende überwiegt! In dieser Formulierung aus dem letzten Buch ‚Über die Seele‘, die dort auch ganz am Ende steht, wird auf ein Paradox des menschlichen Lebens hingewiesen. Der Tastsinn ist das Organ, das eigentlich den Tastenden und das zu Tastende erst ‚produziert‘. Genauer gesagt bewirkt der Tastsinn (oder ist der Tastsinn) die Unterscheidung zwischen dem zu Tastenden und dem tastenden Menschen. Gleichzeitig garantiert er die Verbindung zwischen Beidem. Im Sinne unserer Betrachtungen in den letzten beiden Teilen, entsteht am Tastpunkt, oder im Tasten Innen und Außen. Eigentlich tasten wir ständig und erleben uns dadurch als Selbst, erleben uns als Innen in einem Außen. Das Innen entsteht dabei durch den Abstoßungsprozess unseres Erlebens am Außen, das Außen entsteht als innere Bewegung, die an eine Grenze kommt. Und das geschieht gleichzeitig!


Das Tasten liegt als allumfassende Tätigkeit der Leibbildung des Kindes zu Grunde. Es tastet die es umgebende Welt in sich hinein (allerdings nach seinen eigenen Tastmöglichkeiten). In dieser Situation scheint das zu Tastende noch nicht das Tastende zu überwiegen. Es scheint genau umgekehrt zu sein. Das oder der Tastende überwiegt. Im Alter haben wir das Doppelbild, das das Leben aus dem Organismus schwindet und dieser immer mehr ‚zu Tastendes‘ wird, während das Tastende, als das eigentlich empfindende Wesen sich anscheinend zurückzieht. Es insofern eine Frage der Perspektive, ob man es so anschaut, dass das geronnene Leben das tastende Wesen herausdrängt, oder das sich zurückziehende Leben das zu Tastende überwiegen lässt. Egal wie man es betrachtet, deutlich wird, dass das Innen-Außen Verhältnis des Menschen im Leben ein dynamisches Verhältnis ist, das vom Menschen selbst (wenn auch partiell unbewusst) produziert wird und durch Empfindungstätigkeit aufrecht erhalten werden muss. Störungen in dieser Tätigkeit, entweder auf Seiten der Welt (inklusive des Organismus) oder auf Seiten des Empfindenden beeinflussen immer auch das Verhältnis zwischen Innen und Außen.

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