Peripheres Ich in der Bewegung
Die folgenden Gedanken versuchen einige Zusammenhänge aus dem Kolloquium in Alfter zur eurythmischen Bewegung weiterzubewegen. Dabei geht es weniger um eine Theorie der Eurythmie, mehr um eine menschenkundlich-psychologische Perspektive.
Einige Phänomene des eigenen Erlebens, wie das Ich-Erlebnis oder auch das Selbstbewusstsein, sind zwar in höchstem Maße evident, verbergen aber ihren Ursprung. Wie in anderen Beiträgen dargestellt, hat das ganz kleine Kind ein solches Bewusstsein von sich selbst noch nicht. Es ist noch unvermittelt verbunden mit seiner Umgebung und unterscheidet erst im Laufe seiner Entwicklung zwischen sich und der Umgebung. Steiner hat diese Entwicklung zurückgeführt auf das Hineinstellen des Kindes in die irdischen Kräfte wie Schwerkraft usw. wodurch sich das Kind aufrecht Stehen und das Gehen erwirbt. „Der Mensch verbindet sich mit gewissen Erdenkräften, indem er seinen Organismus in diese Kräfte hineinorientiert. Er lernt aufrechtstehen und gehen, er lernt mit seinen Armen und Händen sich in das Gleichgewicht der irdischen Kräfte hineinzustellen.“ ( März 1925, Leitsätze, S.256) Je mehr er sich direkt in diese irdischen Kräfte einlebt, um sehr bildet sich der Leib mit seinem ganzen Bewegungsapparat so um, wie es der Bewegung in diesen Kräften notwendig ist. Im Heilpädagogischen Kurs formuliert Steiner ja ganz klar, dass das Ich sich direkt in diese irdischen Kräfte hineinstellt und nicht über den Leib vermittelt. Der Leib ist vielmehr der Ort, an dem dies geschieht, und der auch darauf mit seiner Gestaltung und Entwicklung reagiert. Das Ich ist darin aktiv, aber meist unbewusst, in den unteren Sinnen tätig: Tastsinn, Eigenbewegungssinn, Gleichgewichtssinn und Lebenssinn und als eine Art Übergang der Wärmesinn, sind Ich-Tätigkeiten, die sich an den irdischen Kräften heranbilden und sie gleichzeitig bis zu einem bestimmten Maß aufheben lernen – in der Tätigkeit. Da der eigene Organismus der Ort ist, in und an dem diese Tätigkeit ausgeübt wird, strahlt aus diesem Ort etwas von der eigenen geistigen Tätigkeit zurück in das Bewusstsein, was als Selbstbewusstsein erlebt wird. Zur Klarstellung: Das Tier erwirbt sich seine Bewegungsfähigkeiten meist nicht aus der unbewussten Ich-Tätigkeit in den irdischen Kräften. Es bringt seine Bewegungen gewissermaßen schon mit – sie sind mehr umgebungsbestimmt als von einem zentralen Ich ausgehend. Deshalb kommt das Tier zwar zu einem gewissen Bewusstsein, aber nicht zu einem Selbstbewusstsein. (Wer die Bewegungsfrage näher studieren möchte, findet dazu ausführliches Material bei Albertus Magnus in seinem Werk ‚Über die Prinzipien der fortschreitenden Bewegung‘, Freiburg 2014, dankenswerterweise auf Deutsch übersetzt von Jürgen Wetzelsberger).
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