Das Jahr 2020 – Rückschau und Ausblick

Das Jahr geht langsam zu Ende. In diesem Jahr habe ich mich in den letzten Abenden und Nächten ,wenn wir durch das Dorf gegangen sind, über die unterschiedlichen, teils absurden Illuminationen meiner Nachbarn gefreut, ja mich teilweise seelisch daran gewärmt. Das hätte mir einmal jemand vor einem Jahr prophezeien sollen. Vielleicht sagt diese Tatsache etwas über den Verlauf dieses Jahres und die damit verbundene Entwicklung aus. Dieser Blog hat in diesem Jahr nicht so viele Beiträge veröffentlicht, wie im Jahr zuvor: 28. Themen waren viel Kunst! (Elfi Wiese, Louise Nevelson, Michael Kolod, Matt Black usw.), die DELOS Forschungsstelle mit Seminaren und neuem Anfang. (Der Aufruf oder Anruf an den Umkreis der Forschungsstelle hat erfreulicher Weise eine sehr große inhaltliche und finanzielle Resonanz gezeitigt). Ich-Entwicklung Begleiten und Maßstab Mensch; Markus Gabriel und andere Bücher, und die Frage nach der Berührung, insbesondere in der Therapie (hier der Zusammenhang mit Albrecht Kaiser und der Osteopathie, der in diesen Zeiten mit Berührungen vielen Menschen real helfen kann!). Ich bin dankbar für die inhaltlichen und menschlichen ‚Berührungen‘ aus meinem näheren und ferneren peripheren Ich. Ich bin auch dankbar für die vielen Besucher dieses Blogs (es waren in diesem Jahr genau so viele wie im letzten Jahr (bis heute 1834 Besucher*innen). Von den 4900 Aufrufen waren 3500 aus Deutschland, aber eben auch 360 aus der Schweiz, 290 aus den Niederlanden, 227 aus den USA, 214 aus China, 80 aus Österreich um nur die häufigsten der 35 Länder zu nennen. Ich kenne ja nicht die Motive der Aufrufenden, aber man erreicht mit diesem Medium doch Menschen in vielen unterschiedlichen Ländern (selbst mit einer doch recht anspruchsvollen Thematik und viel Text in deutscher Sprache). Ich weiß auch nicht wie viel Menschen wirklich lesen, aber auch die Kommentare und Likes haben sich positiv entwickelt. Mir macht die Arbeit an diesem Blog viel Freude, weil sie sich ganz natürlich mit den Themen meines Lebens verbindet und sehr unkompliziert ermöglicht meine Gedanken- und Schicksalswege zu teilen. In diesem Sinne bin ich neugierig auf das was das neue Jahr an Entwicklungen bringt und freue mich auf die weitere Arbeit an diesem Blog!

Roland Wiese, Weihnachten 2020

‚Maßstab Mensch‘: eine Fachstelle für freie Sozialarbeit

Das Jahr 2020 geht zu Ende und der Rückblick ist stark geprägt durch die alles beherrschende Situation mit der Corona Pandemie. Man könnte beinahe die Entwicklungen übersehen, die wir in diesem Jahr mit der Fachstelle Maßstab Mensch hatten. Im März diesen Jahres endete die Förderung durch die Aktion Mensch, die 4 Jahre lang den Start des Projektes ermöglicht hatte. Das bedeutete die Fachstelle musste jetzt ökonomisch auf eigenen Beinen stehen und die Arbeit musste sich aus den Erträgen der einzelnen Beratungen, Vermittlungen und Begleitungen finanzieren. Und am Ende des Jahres können wir festhalten, dass die Fachstelle ihr erstes ‚freies Jahr‘ nicht nur gut überstanden hat, sondern stetig gewachsen ist und sich entwickelt hat. Die Fachstelle selbst ist nun mit Martina Rasch besetzt. (Träger ist die Umkreis-Entwicklungsgemeinschaften gGmbH). In der Fachstelle Ost in Rosche im Raum Uelzen sind mit Kathrin von Kamen und Gabriele Arndt zwei Menschen in der Beratung, Vermittlung und konkreten Begleitung tätig. Und auch die Zusammenarbeit mit Christian Hardemann im Raum Syke/Diepholz hat sich weiterentwickelt. Parallel zur Entwicklung der Fachstelle ist auch die gemeinsame Forschungsarbeit am Thema Ich-Entwicklung weitergegangen. In der Corona-Zeit haben wir uns per Zoom ausgetauscht zum Thema ‚Ich-Entwicklung begleiten.‘ Zur Arbeit von Martina Rasch gehören nicht nur die Einzelfallberatung und die konkrete Realisierung der Vermittlungen vor Ort und mit den Behörden, im Rahmen der Fachstelle werden auch weiterhin Einrichtungen beraten, und Höfe mit dem Thema vertraut gemacht. Dies hat sich auch erweitert auf die Beteiligung an Workshops mit der Hochschule in Witzenhausen (Thomas van Elsen), in denen Studenten und Projektinteressierte gemeinsam an der Umsetzung von Projektideen arbeiten. (Angehängt habe ich einen Beitrag vom März 2020 von mir und eine Beschreibung der Fachstelle von 2018 von Martina Rasch).

von links: Martina Rasch, Kathrin von Kamen, Christian Hardemann, Reiner von Kamen in der Fachstelle Horstedt

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Westen an der Aller

Mein Vater hat immer gesagt: Man muss etwas sehen, bevor man es fotografieren kann. Dazu kommt noch, man muss am richtigen Ort sein, zur richtigen Zeit (es kann sich um Augenblicke handeln!), um etwas sehen zu können. In Westen an der Aller waren wir am Sonntag anscheinend zu richtigen Zeit am Ort für diesen Anblick der Flusslandschaft. Dieses kleine und besondere Stück Flussufer liegt zu Füßen einer alten mittelalterlichen Kirche mit Wehrturm von 1200.

Unsere Fahrt an der Aller entlang am Sonntagmittag ging durch verschiedene Orte zwischen Verden und Rethem. Dabei war deutlich zu bemerken, dass bestimmte Orte eine Art starke Formprägung aufwiesen, so dass diese Orte als einheitlich empfunden werden konnten, so wie Westen exemplarisch. Umgekehrt gab es auch Orte, die wie zerstückelt wirkten, so insbesondere Rethem, ebenfalls direkt an der Aller liegend. Es war geradezu schockierend zu sehen, wie unzusammenhängend und ‚abgerockt‘ der Ort wirkte: ästhetisch und basal funktional. Als wir am Ufer ein kleines Mahnmal bemerkten, wurde schlagartig klar, was hier im April 1945 geschehen war. Ein massives Kriegsgeschehen mit vielen Toten, aber auch massiven Bombardierungen und Artilleriebeschuss und Bränden in den letzten Kriegstagen. Schaute man um sich, dann konnte die Empfindung entstehen, dieses Geschehen habe sich destruierend in der Umgebung dieses Kampfes wie eingeprägt. Nichts passte zusammen, alles wirkte wie zerstückelt, vieles war abgründig hässlich oder irgendwie heruntergekommen oder tot. Der gegenteilige Eindruck zu Westen zuvor. (Wir sind in beiden Orten herumgegangen). Als ob die Landschaft inklusive der Gebäude eine Art Einprägung der angelegten Formwirkungen der Menschen wäre. In Westen hält man den Atem an vor Schönheit und das Licht spielt auf den Gebäuden und in der Landschaft; in Rethem verschlägt es einem den Atem und man spürt das Geschockte des Ortes in seiner Zerstörung.

Geht diese Sonne hier schon unter so geht die andere dort schön auf (Grabstein an der Kirche in Westen)

Roland Wiese, 1.Advent 2020