von Susanne Hörz
Jasminka Bogdanović Farbe und Porträt
Wolfbach-Verlag, Basel 2019 175 Seiten, 140 farbige Abbildungen, gebunden. 29 €
Der im September 2019 erschienene Katalog „Farbe und Porträt“ dokumentiert in verschiedenen Bilderzyklen das malerische Schaffen der letzten 15 Jahre von Jasminka Bogdanović. Michaeli 2019 wurde er im Glashaus am Goetheanum auf einer Buchvernissage durch die Künstlerin und Mitautoren vorgestellt. Den Rahmen bildete die Ausstellung einiger Originale aus dem Katalog und ein Podiumsgespräch mit der Künstlerin. Wegweisend für den Aufbau des Katalogs und die Arbeitsweise der Künstlerin ist bereits der Titel „Farbe und Porträt“. Auch in der Einbandgestaltung finden sich diese beiden Themen wieder. Auf seiner Vorderseite strahlt dem Betrachter ein flächiges, in Türkisblau gemaltes Bild aus dem Zyklus „Farbansichten“ entgegen; auf der Rückseite schaut ihn ein Selbstporträt Jasminka Bogdanovićs im Kindheitsalter aus wachen Augen an. Diese Zweiheit der Gliederung setzt sich im Innenteil des Bildbands fort: Freischwebende und aus der Tiefe sich aussprechende, monochrome Farben in den stillen „Farbmeditationen“ oder in dem, etwas mehr die Farbdynamik betonenden, Bilderzyklus der „Farbansichten“ im ersten Teil des Katalogs, kontrastieren mit den farbzarten und durchscheinenden Porträts des zweiten Katalogteils. Interessant ist, dass die oft großflächig und meist in Tempera gearbeiteten „Farbmeditationen“ eher in kräftigen oder dunklen Farben aufleuchten. Die ruhigen Gemälde laden dazu ein, Farbe in ihrer unterschiedlichen Qualität unmittelbar zu erleben und die Distanz zwischen Betrachter und Bild zu überwinden. Wenn die Seele im Verweilen diese Farbräume betritt, wird sie mitgenommen in die Tiefendimension des Farbigen. Das Erleben berührt in diesem tastenden Empfinden die substantielle Lebensschicht der Farbe, die eher aus der Peripherie zu kommen und zu klingen scheint. Im Einlassen auf diesen Prozess kann eine Art Zwiegespräch mit der Farbe entstehen, das ihre Wesenheit als differenzierte Farbempfindung freilegen kann. Die hauptsächlich in Aquarell mit Kohle und Kreide ausgeführten Porträts wirken flüchtig, manchmal fast unfertig, oft so, als würden sie nur für einen kurzen Augenblick auf der Leinwand erscheinen wollen oder so, als würde eine Frage an die Darstellbarkeit des Blicks gestellt werden. Der individuelle Blick als Bildner des Antlitzes steht für Bogdanović hier als Forschungsgegenstand im Vordergrund. Oft ist nur die Augenpartie ausgearbeitet, das Gesamte des Antlitzes in vielen Porträts durch zarte Farbschichten nur angedeutet. Es scheint sich aus dem Blick, der kurz aufleuchtet, auf dem Weiß der Leinwand zu veratmen. Welchen Aspekt der Individualität erfasst die Malerin und welche Wesensqualität tritt durch sie in den Vordergrund? Rutschen Proportionen den Ausdruck verfremdend auseinander oder bilden sie die wesenhafte Einheit des Gemeinten? Belebt sich das Antlitz oder bleibt es Bild? In einigen Porträts scheint das, aus vielen übereinander geschichteten Farbnuancen gemalte Inkarnat, wie von Licht durchströmt zu fluktuieren. Laut der Farbenlehre Rudolf Steiners gilt das Inkarnat als das „lebendige Bild der Seele“1. Besonders in den Porträts, die oft Freunde und Bekannte der Künstlerin zeigen, wird das forschende Suchen und Ringen Bogdanovićs deutlich: Die Suche nach dem beseelten Ich, das in der Farbe lebt. Weiterlesen