Über die Einzigkeit des Intellekts

Im Oktober 2019 erscheint im Verlag Frommann-Holzboog  die (erstmalige) Übersetzung und Kommentierung des Buches ‚De unitate intellectus‘ von Albertus Magnus durch Wolf-Ulrich Klünker. Das Buch ‚Über die Einheit des Geistes‘ von Thomas von Aquin hat Wolf-Ulrich Klünker schon in den achtziger Jahren übersetzt und kommentiert. Es ist im Verlag Freies Geistesleben erschienen. Albertus Magnus  hat unter dem gleichen Titel (jetzt aber anders übersetzt mit ‚Einzigkeit des Intellekts‘) sich auch mit dieser Thematik beschäftigt. Für heute noch wichtiger Hintergrund des Thomas Buches ist die Begründung der menschlichen Individualität im Denken und auch der erste Ich-Begriff in der Geistesgeschichte. (Siehe ausführlich in unserem Buch ‚Psychologie des Ich‘). Ich bin gespannt, welche Aspekte Albertus in den Mittelpunkt rückt. R.W. 29.12.2018

 

Albert der Große: Über die Einzigkeit des Intellekts.
Übersetzt von Wolf-Ulrich Klünker.
Einführung und Kommentar von Henryk Anzulewicz und Wolf-Ulrich Klünker.
Albertus Magnus (1200–1280) verdankt seinen Namen seiner weitreichenenden Forschungshaltung, deren Ergebnisse er in zahlreichen Schriften festhielt. Die erstmals ins Deutsche übersetzte Schrift ›De unitate intellectus‹ markiert einen entscheidenden wissenschaftsgeschichtlichen Entwicklungsschritt zu einer Psychologie seelischer Individualität. Die aristotelische Tradition der »Seele als Form des Leibes« berührt dabei ein Organverständnis, das erst nach den hirnphysiologischen und genetischen Diskursen der letzten Jahre umfassend gewürdigt werden kann. Der Begriffsrealismus Alberts des Großen, in seiner Zeit anthropologisch-philosophische »Spitzenforschung«, enthält erst heute wirklich zukunftsfähige Perspektiven menschlichen Selbstverständnisses und geistiger Selbstaktivierung.

Albertus Magnus:
De unitate intellectus
Ca. 184 S., 16,5 x 24,0 cm. LeinenDeutsch LateinISBN 978-3-7728-2840-9
Oktober 2019
Einzelpreis:ca. € 84,

Neue Webseite der GESO

Ich freue mich über unsere neue Webseite! Mit ‚unsere‘ ist die Seite der GESO gemeint – geso-hilfen.de. Ich habe mich selbst ein wenig gewundert, warum mich das jetzt so freut, weil eine Webseite ist doch nicht so etwas wirklich Wichtiges bei einer Einrichtung wie die GESO sie ist. Unsere Klienten kommen nicht über die Webseite zu uns – wir sind in der Region durch unsere Arbeit bekannt und geschätzt! Trotzdem macht diese Seite ein bestimmtes Gefühl für mich, der ich ja als Fachliche Leitung mit allen Bereichen zu tun habe: Die Webseite gibt eine Art Bild von uns, das mit uns wirklich zu tun hat. Das sind einerseits die Fotos von Sabrina Adelina Nagel, die Mitarbeiter und Klienten zeigen und da ist andererseits die Architektur von Johannes Onneken, die jetzt den verschiedenen Orten und Einrichtungen einen Zusammenhang gibt. Ein sich selbst bewusst Werden der GESO, die im nächsten Jahr 20 Jahre alt wird. Wie gesagt: Ich freue mich!  (Ist irgendwie mein Weihnachtsgeschenk) Dank an alle Mitwirkenden!

Roland Wiese 23.12.2018

 

Forschungswege mit der Farbe IV

Ein weiterer Nachklang zur Ausstellung der Künstler in der Schreinerei in der letzten Woche mit einer Einführung von mir von 2013, mit der die Werkstatt Basel-Horstedt eröffnet wurde. Ein Nachklang und eine Fortführung unseres Forschungsweges mit der Farbe und mit der Kunst.  Beim Wiederentdecken des unten angefügten Textes wurde mir noch einmal deutlich welchen  Forschungs- und SchicksalsWeg wir (Elfi Wiese, Jasminka Bogdanoivic und Johannes Onneken) seitdem miteinander gegangen sind. Und zu dieser Kerngruppe gehören natürlich auch Wolfgang Voigt, Susanne Hörz und Rüdiger Mövens dazu.

Im letzten Jahr hatte unser Treffen ja in Basel stattgefunden – in der Volta Halle. Anlass und Inhalt war die große Ausstellung ‚Experiment Farbe‘, die Jasminka und Johannes mit Nora Loebe und Mathias Rang organisiert haben. Dort hatte Marianne Schubert schon uns angesprochen und von einer Ausstellung erzählt, die sie am Goetheanum veranstalten wolle. Und sie hatte Elfis Bilder gesehen und sie zu dieser Ausstellung eingeladen. Wir waren dann ja noch zum Goetheanum gefahren um die Ausstellung der Bilder von Hannes Weigert anzuschauen, die dort im Treppenhaus am Roten Fenster ausgestellt waren. Bei unserer Ankunft trafen wir direkt im Eingang auf Marianne, die uns eine sehr persönliche Führung durch die Ausstellung gab. Das war wie eine Art Auftakt zu dem Ausstellungsgeschehen in diesem Jahr. Die Ausstellung in diesem Jahr führte dann dazu, dass wir von Donnerstag bis Sonntag viel Zeit hatten miteinander zu arbeiten und uns auszutauschen. Und die Ausstellung führte auch, neben vielen anderen Künstlern, auch die Bilder von Johannes, Jasminka und Elfi wieder zusammen. Eine gewisse, fast wie ein Zitat wirkende, Objektivierung des Werkstattgeschehens von 2013. Weiterlesen

Die Psychologie des Heilpädagogischen Kurses

aus gegebenem Anlass nochmal ganz oben:

PDF Die Psychologie des Heilpädagogischen Kurses

90 Jahre heilpädagogischer Kurs – Therapeutische Perspektiven
Der Heilpädagogische Kurs, im letzten Jahr 90 Jahre alt geworden, bündelt viele Forschungsfragen Rudolf Steiners, die er sein ganzes Leben hindurch verfolgt hat. Viele Fragen hat er dort in eine ganz neue Konkretion gebracht, aber auch eine ganz bestimmte Lebensentwicklung vom Beginn seiner Laufbahn als Geisteswissenschaftler abrunden können. Im Folgenden soll dieser inhaltliche und biographische Zusammenhang ein wenig beleuchtet werden. Vielleicht werden dadurch auch manche verdichteten Passagen des Heilpädagogischen Kurses aufgehellt. 
Biographische Zusammenhänge
Wenn man die Entwicklung des Heilpädagogischen Kurses in der Biographie Steiners verfolgt, findet man eine interessante zeitliche Konstellation: Am 18. Juni 1924 besucht Steiner in Jena die junge Initiative der Heilpädagogen am Lauenstein, wenige Tage später, am 25. Juni, beginnen in Dornach die Vorträge des Heilpädagogisches Kurses vor einer ausgesuchten kleinen Gruppe von engen Mitarbeitern, mit denen Steiner zum Teil schon länger therapeutisch zusammen arbeitet. Auch im Juni, exakt vierzig Jahre zurück, am 16.6.1884, schreibt Pauline Specht an Rudolf Steiner, ob er nicht eine Stelle als Hauslehrer in ihrer Familie antreten möchte. Pauline Specht hat einen behinderten Sohn, Otto, der nicht beschulbar ist, und Rudolf Steiner soll sich hauptsächlich um ihn kümmern. Rudolf Steiner nimmt diese Stelle an – und bleibt sechs Jahre in der Familie Specht. Über die berufliche Tätigkeit hinaus entsteht eine tiefe innerliche Verbundenheit mit der Familie, die mit seinem Weggang nach Weimar nicht endet. 40 Jahre vor dem Heilpädagogischen Kurs leuchtet (rückblickend betrachtet) das Motiv dieses Kurses schon in dieser Lebenssituation auf. Obwohl diese Tätigkeit als Hauslehrer auf den ersten Blick nicht zur beruflichen Intention des jungen Steiner passte. Ein Jahr vorher hatte er ohne Abschluss die Technische Hochschule verlassen. Er hatte gerade mit der Herausgabe der naturwissenschaftlichen Schriften Goethes eine weithin anerkannte wissenschaftliche Leistung vollbracht, hat aber keine berufliche Perspektive, die ihn auch ernähren würde. Während seiner Zeit als Hauslehrer arbeitet er weiter an einem Buch, das dann 1886 erscheint: Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung. Auf die Situation dieser Zeit blickt Rudolf Steiner im Juni 1924 in seinen Aufzeichnungen in seinem ‚Lebensgang‘ zurück. Diese Aufzeichnungen erschienen ja kapitelweise in der Wochenschrift, und parallel zum Kurs erscheinen die Schilderungen jener Zeit in der Familie Specht. Natürlich wird auch im H.P.K. Otto Specht und die Arbeit mit ihm erwähnt. Otto Specht ist zu der Zeit schon seit 9 Jahren tot, er war 1915 im Krieg als Arzt an Typhus verstorben.

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„Die Ich-Form der Wirklichkeit ist die Kunst…“

An diesem Wochenende fand im Goetheanum in Dornach eine Verkaufsausstellung mit 120 Künstlern aus 16 Ländern statt. 25o Werke, meist Bilder und Plastiken, waren zu sehen. Auf einer Auktion wurden Werke verstorbener Künstler versteigert. Marianne Schubert, die Leiterin der Sektion für Bildende Künste, hatte schon lange die Intention zu einer solchen Ausstellung. Ziel war es „einen Überblick zu zeigen über das zeitgenössische Schaffen aus anthroposophischen Quellen.“(Einladung)

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Marianne Schubert führt durch die Ausstellung

Gestern fand im Rahmen der Ausstellung ein Podiumsgespräch statt mit der Frage: „Gibt es Anthroposophische Kunst?“ Es war angenehm und überraschend, dass das Gespräch, in das das Publikum gleichberechtigt einbezogen war, zu einem Austausch wurde, in dem die unterschiedlichen Ich-Zugänge der Sprechenden zu diesem Thema deutlich wurden, und dadurch nicht Meinung gegen Meinung stand, sondern deutlich wurde auch welcher Ich-Wirklichkeit der Einzelne sprach. In eine zweite Stufe könnte ein solches Gespräch geführt werden, wenn diese Zugänge noch vertieft und weiter individualisiert werden könnten. Das würde zu der Frage führen, wie das eigene Verhältnis zur Anthroposophie ist, und zu welchen Intentionen es bei mir geführt hat sich in dieser Weise selbst zu aktivieren. Beispielsweise wäre es interessant zu erfahren, was einen Reinhold Fäth dazu gebracht hat sich so intensiv in die Geschichte der anthroposophischen Kunst einzuarbeiten und dies in eine Ausstellung münden zu lassen, während die Beschäftigung bei anderen zu bestimmten, ganz anderen künstlerischen Aktivitäten geführt hat. Denn meine These wäre, dass die Beschäftigung mit bestimmten Begriffen, im Menschen Willensintentionen freilegt, die ihn erst in die ganz eigenen Wirklichkeitsbereiche führt. Weiterlesen

Ich-Entwicklung und die Entwicklung der Welt

Ein Beitrag mit dem Hintergrund unseres 2. Treffens – Ich-Entwicklung Begleiten

Ich beschäftige mich gerade mit Claus Otto Scharmer, der mit seiner „Theorie U – Von der Zukunft her Führen“ versucht Ich-Entwicklung als eigentlichen Durchgangspunkt zur Weltentwicklung deutlich zu machen. So bemerkt er bei allen bisherigen Systemen der Weltentwicklung, dass die Perspektive des sich entwickelnden Selbst ausgeblendet wird. Es sind meist ‚Vogelperspektiven‘, und er fragt: „Welche Perspektive würde sich ergeben, wenn wir das Schlachtfeld nicht nur von oben, sondern aus Sicht der Akteure sehen könnten – aus der Perspektive des sich entwickelnden Selbst?“ (Claus Otto Scharmer Therie U, Heidelberg 2015, S. 115)
Ein zweites Kriterium für eine menschliche Wissenschaft des 21.Jahrhunderts ist für ihn die Frage, ob sie ein Wissen generiert, dass die Realität nur beschreibt, oder „ob sie die Realität, die sie beschreibt, auch hervorbringen kann.“ Es gebe einen ‚blinden Fleck‘ in unserer Wahrnehmung: „Wir nehmen unsere Realität als etwas Äußeres wahr, als etwas, das mit uns geschieht. Wir sehen den Prozess nicht, durch den wir selber die soziale Realität gemeinsam hervorbringen. (…) Dieser blinde Fleck, der den Prozess von sozialer Wirklichkeitsentstehung betrifft, steht einem direkteren Zugriff auf die tieferen Quellen unserer Kreativität im Wege. Das betrifft die Kreativität von Individuen und Gemeinschaft gleichermaßen. Von einem strukturellen Blickwinkel aus betrachtet, spiegelt sich dieser gesellschaftliche blinde Fleck in einem Fehlen von Begegnungs- und Wahrnehmungsräumen, in denen Akteure über die Grenzen von Institutionen und Sektoren hinweg Zukunftsmöglichkeiten sehen, entwickeln und realisieren lernen. Die Gegenwart ist dadurch geprägt, dass organisierte Interessengruppen Antworten auf die gegenwärtigen Probleme anstreben, dabei aber meist nur ein Sonderinteresse vertreten.“ (S.116)
Wenn man dies auf die die Arbeit im Sozialen bezieht, also auf eine professionelle Begegnungs- und Beziehungsarbeit mit einzelnen Menschen, dann wird einem sehr schnell klar, dass der ‚blinde Fleck‘ in dieser Arbeit darin liegt, dass die Entwicklung nur eines Menschen in den Blick genommen wird, die des anscheinend Hilfebedürftigen. Aus dieser Perspektive heraus verschwindet der Helfer als eigenständiges Selbst beinah vollständig aus dem Blick. Er wird zu einem objektiven Werkzeug – zu einer Assistenz, ohne Gesicht, Geschichte, Vergangenheit und Zukunft. Er vollbringt eine ‚Beziehungsdienstleistung‘, wie es fachlich und menschlich verfehlt, manchmal dargestellt wird. Es gibt in der Geschichte der Sozialarbeit und auch der spezifischeren Geschichte der sozialen Psychiatrie nur wenige Beispiele, die die wechselseitige Entwicklung der Beteiligten und ihre Bedingungen in den Blick nehmen und vertreten. Nahezu überall wird versucht verobjektivierte Wirksamkeiten in der sozialen Arbeit zu kreieren, die dann möglichst auch noch planbar und messbar sind. Die Reduktion der Wirklichkeit im Modell führt aber auf die Dauer auch zu reduzierter Wirklichkeit, dass heißt zu einer Reduktion des Erlebens und Lebens. Weiterlesen