Ich-Entwicklung Begleiten & Maßstab Mensch

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Ideales Autorenbildnis des Origenes in einer Handschrift von In Numeros homilia XXVII aus Kloster Schäftlarn, München, Bayerische Staatsbibliothek, clm (codex latinus monacensis) 17092, fol. 130v (ca. 1160) (Man sieht den Zusammenhang von Schreiben und Lebensdrachen R.W.)

In unserem letzten Zoom Treffen am 6. Februar hatten wir erfreulicherweise neue Teilnehmer und ein interessantes Thema, welches sich aus der notwendigen Vorstellungsrunde ergab. Wobei die Teilnehmer jetzt alle dem Arbeits-Zusammenhang ‚Maßstab Mensch‘ angehören, sprich es sind Menschen, die auf Höfen andere Menschen im Leben und Arbeiten begleiten, oder damit in irgendeiner Weise zu tun haben. Da sich dieser Zusammenhang aber über ganz Niedersachsen erstreckt, kennen sich nicht alle Teilnehmer.  Wir haben damit, ganz anfänglich, einen Forschungszusammenhang, der konkret und doch in freier Weise mit einem Lebenszusammenhang sozialer Arbeit in Resonanz ist. Ein solches Milieu zu bilden ist schon immer die Intention des Umkreis e.V. gewesen. Martina Rasch nennt dies dann gerne eine ‚sozial wirksame Menschenkunde‘. Wobei es, wenn man einen solchen Resonanzraum von Leben und Forschung bildet, sogar möglich ist bestimmte Wirkungen wahrzunehmen, die sonst eher untergehen. Hintergrund unseres Gespräches, dass man hier nicht in seinen konkreten äußeren Inhalten wiedergeben kann, weil diese dann doch vertraulich sind, war eine ganz bestimmte Schicht des Bewirkens und Erlebens, die einem das Gefühl gibt ‚traumartig‘ unterwegs zu sein. Diese traumartige Wirklichkeit vermittelt einem das Gefühl bei vollem Ich-Bewusstsein  i m  Leben  sich zu bewegen. Normalerweise bewegt man sich ja in sich selbst und steht dem Leben wie gegenüber, oder man taucht ins Leben unter und gerät in seinen Sog. In der Regel ist dann die eigene Wirksamkeit gar nicht so eindeutig, es gibt ein mehr äußeres Arbeiten am Leben/Schicksal und eine mehr verdeckte innere Wirkung, die man gar nicht mitbekommt. Das heißt Bewusstsein und Leben bleiben doch irgendwie getrennt.

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Eislicht und Eisform

Wümmeniederung in Hellwege 12.02.2021

Fotos: Roland Wiese

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Immer wenn ich mich näher mit Glas beschäftigt habe, vor allem mit farbigem Glas war ich danach glücklich. Glas macht mich glücklich. Selbst wenn es nur ein Film über die Werkstatt ist, die farbige Kirchengläser herstellt und restauriert. Auch die Eislichtformen an der Wümme, die wir vorgestern durch Zufall entdeckten, haben eine solche Wirkung. Man ist sofort glücklich. Hat es etwas damit zu tun, dass in Glas und in Eis Licht und Durchsichtigkeit aufgehoben sind? Weiterlesen

Die sieben freien Künste

Der folgende Beitrag geht der Frage nach welche Funktion ‚Wissenschaft und Kunst‘ für die menschliche Entwicklung einmal gehabt haben und welcher Aufgabe sie sich heute wieder stellen müssten, wenn sie menschlich bleiben wollen. Gleichzeitig wirft der Beitrag einen Blick auf die  Marburger Forschungen von Arbogast Schmitt und Kolleg*innen zur antiken Erkenntnistheorie. Der erste Teil stützt sich auf einen Beitrag von Ilsetraut Hadot aus dem Band ‚Philosophie im Umbruch‘ , in dem Beiträge einer Tagung von 2002 versammelt sind. Thema war der Bruch mit dem Aristotelismus im Hellenismus und im späten Mittelalter. Es werden in verschiedenen Beiträgen die Bruchstellen deutlich gemacht, die zwischen stoischen und aristotelischen Konzepten bestehen, obwohl sie teilweise mit ähnlichen Begriffen operieren. Der zweite Teil nimmt eine Dissertation von Gyburg Radke aus dem Jahre 2000 als Grundlage: Die Theorie der Zahl im Platonismus. Gyburg Radke hat für dieses Buch den Leibniz-Preis bekommen. Eine sehr gründliche Studie über die ‚Zahlen‘ und ihre grundlegende Begrifflichkeit. 

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Die sieben freien Künste und die sieben freien Wissenschaften

„Musik ist die Lehre von den Proportionen, (und zwar) von denjenigen, die man in den Tönen findet“ – so definiert Cassiodor (485-580) Musik. Mit einer solchen Definition wird das, was in den sieben freien Künsten (artes) oder den sieben freien Wissenschaften (disciplines) als Musik verstanden wird auf die hörbare Musik reduziert. Ilsetraut Hadot kennzeichnet dies als die Abtrennung der Musik von ihren kosmischen Bezügen. Boethius hatte in seiner Abhandlung die Musik noch als „die Lehre von den Proportionen, und zwar nicht nur in der hörbaren Musik, sondern ganz allgemein, wie in der Sternenwelt (das ist die musica mundana) so auch im Menschen (das ist die musica humana) und in den Musikinstrumenten“ umfassend charakterisiert. Martin Klinkenberg hat in seinem Aufsatz Der Verfall des Quadriviums im frühen Mittelalter, den Hadot zitiert, aufgezeigt „Wie unter Beibehaltung der getreu nachgebildeten Formeln die geistige Grundlage des neuplatonischen Zyklus zu schwinden beginnt.“ Auch bei einem anderen Neuplatoniker dieser Zeit, Isidor, sogar Leiter der philosophischen Schule in Athen, ist Musik nur noch „die Lehre von der in Gesang und Instrumentenspiel bestehenden Modulation.“ (…) Damit ist entscheidendes geschehen folgert Klinkenberg: „Da die Musik nicht mehr allgemeine Proportionenlehre im kosmologischen Sinne ist, verliert das Quadrivium als Ganzes den Anschluss an die Kosmologie.“

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